Nordwind und Sandboden – Winzerin Elina P. aus der Wachau
Ich arbeite auf knapp vier Hektar am rechten Donauufer,
zwischen Dürnstein und Loiben. Die Terrassen hier sind alt – Trockenmauern, die teils seit dem 17. Jahrhundert stehen. Wer einmal versucht hat, dort oben eine Rebe zu pflanzen, weiß, dass Weinbau in der Wachau vor allem eines ist: Handarbeit gegen die Schwerkraft.
Die Böden bestehen aus Gneis und Glimmerschiefer, stellenweise überzogen mit Löss und Sand. Das ergibt schlanke, aber druckvolle Weine. Die Reben wurzeln tief, oft bis zwei Meter in die Risse des Felses. Regen ist selten, Wind fast immer da. Wenn der Nordwind durch das Tal zieht, trocknet er die Laubwände in Stunden – das ist unser bester Pflanzenschutz.
Ich arbeite nach dem Prinzip der „kontrollierten Zurückhaltung“.
Keine systemischen Mittel, kein Kunstdünger. Ich setze auf Begrünung mit Klee und Fenchel, um die Mikroflora im Boden aktiv zu halten. Seit drei Jahren experimentiere ich mit Tees aus Brennnessel und Schachtelhalm, um Pilzdruck zu mindern. Es funktioniert – nicht perfekt, aber ausreichend.
Die Arbeit beginnt im Februar mit dem Rebschnitt. Ich lasse nur zwei Fruchtruten pro Stock stehen, weil hier oben jeder Trieb zählt. Im Mai binde ich die Ruten per Hand hoch, mit Bast statt Draht – Draht heizt sich zu stark auf. Während der Blüte mache ich keine Eingriffe, die Rebe braucht Ruhe.
Der Sommer 2024 war heiß, aber trocken.
Wir haben den Laubwandaufbau bewusst spät gemacht, um die Beeren vor Sonnenbrand zu schützen. Die Lese fand Anfang Oktober statt, frühmorgens, bei knapp über 10 °C. Mostgewicht: 92 °Oechsle beim Riesling, 89 ° beim Grünen Veltliner. Perfekt balanciert.
Im Keller arbeite ich mit reduzierter Technik: keine Enzyme, keine Temperatursteuerung, kein Pumpen. Alles läuft über Schwerkraft. Die Weine vergären spontan in alten 600-Liter-Fässern aus österreichischer Eiche, danach bleiben sie acht Monate auf der Vollhefe. Ich fülle, wenn sie „durch“ sind, nicht wenn der Kalender es will.
Das Spannendste an der Wachau ist die Kombination aus Wärme und Wind. Die Tage geben Kraft, die Nächte bringen Klarheit. Man riecht das in den Weinen: Steinobst, Salz, ein Hauch Rauch vom Schiefer. Kein Parfüm, kein Effekt – einfach das, was hier wächst.
Die größte Herausforderung bleibt die Erosion. Nach jedem Starkregen rutschen Steine. Ich repariere die Mauern selbst – Stein auf Stein, wie es mein Großvater gemacht hat. Das gehört dazu. Weinbau hier ist nicht romantisch, sondern Ausdauerarbeit.
Wenn ich abends durch die Terrassen gehe, sehe ich die Donau unten glitzern und die Reben im Wind. Dann denke ich: Der Wein schmeckt nach genau dem – nach Anstrengung, Luft und Geduld.